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Freundschaft zum Anfassen: Wie soziale Roboter älteren Menschen helfen

12.08.2025

Japan ist seit Jahren ein Labor für soziale Robotik. Zwei der spannendsten Beispiele: LOVOT von Groove X – ein knuddeliger Gefährte, der Nähe und Zuwendung provoziert – und RoboHon von Sharp – ein kleiner, sprechender Roboter-Smartphone-Hybrid, der Assistenzaufgaben charmant verpackt. Was bringen sie konkret für Senior:innen?

LOVOT: Stimmung heben, Kommunikation öffnen

LOVOT ist kein Pflegeroboter, sondern ein „Emotionsgerät“: warm, weich, reagiert auf Berührung, sucht Blickkontakt und „kuschelt“ sich an. Ziel: positive Gefühle auslösen und soziale Interaktion anstoßen. Roboter haben in Japan eine höhere Akzeptanz als in Europa. Das lässt sich auf eine Mischung aus Kulturgeschichte, Technologiepolitik und Alltagserfahrung zurückführen.

Kulturelle Prägung

  • Shinto-Weltbild: In der japanischen Religion und Volkskultur gibt es die Vorstellung, dass auch unbelebte Dinge eine Seele (kami) haben können. Maschinen und Roboter werden daher nicht automatisch als „fremd“ oder „bedrohlich“ gesehen, sondern können als „Mitwesen“ akzeptiert werden.

  • Popkultur als Türöffner: Seit den 1960ern prägen freundliche Roboterfiguren wie Astro Boy oder Doraemon ganze Generationen. Roboter erscheinen dort nicht als kalte Maschinen, sondern als Helfer, Freunde oder Beschützer – ein emotional positiver Startpunkt.

  • Keine „Terminator“-Prägung: Im Westen dominiert in Sci-Fi oft das Bedrohungsszenario („Maschinen übernehmen“). In Japan ist das Zukunftsbild von Robotern in der Regel optimistischer.

Was zeigt die Forschung, die in Europa dazu gemacht wurde?
In Dänemark wurde LOVOT in drei Pflegeheimen mit Demenz-Schwerpunkt erprobt (Mou/Aalborg, Skovbakkehjemmet/Viborg, Skovænget/Skive). 42 Bewohner:innen nahmen teil: 4 Wochen Einzelsitzungen und 12 Wochen Gruppensitzungen. Gemessen wurden u. a. WHO-5-Wohlbefinden und ein Gesichts-Stimmungs-Index. Ergebnis: keine klinisch signifikanten Langzeiteffekte auf das allgemeine Wohlbefinden, aber direkt nach den Sitzungen mehr positive Gesichtsausdrücke (sprich: bessere Laune). Pflegekräfte berichteten, LOVOT öffne Kommunikation, schaffe Ruheinseln, spende Freude – vereinzelt kam es zu emotionaler Überstimulation, und nicht alle akzeptierten den Roboter. Insgesamt wurde LOVOT als nützliches Kommunikations-Tool akzeptiert.

Weitere Studien deuten an, dass LOVOT soziale Verbundenheit und subjektiges Wohlbefinden insbesondere bei alleinlebenden Älteren fördern kann – allerdings sind viele Untersuchungen noch klein und explorativ.

Was heißt das für die Praxis?
LOVOT eignet sich als Stimmungs-Booster und Eisbrecher – etwa für Aktivierungsrunden, zur Deeskalation nach unruhigen Phasen oder als sanfter Einstieg ins Gespräch. Wichtig sind klare Einsatzregeln (Dauer/Frequenz), individuelle Eignung und begleitete Nutzung durch geschultes Personal.

RoboHon: Kleiner Assistent mit großem Nutzenpotenzial

RoboHon ist ein 19 cm großer Humanoid, der sprechen, gehen, telefonieren, erinnern, fotografieren und Inhalte vorlesen kann. Seine Stärke: Alltagsassistenz in sozialer Form.

Pflegerin mit einem kleinen Roboter

Aktuelle Anwendungsbeispiele:

  • Sicher mobil im Alter: 2025 startete in Osaka ein Pilot zur Fahrassistenz für ältere Autofahrende – RoboHon gibt situationsbezogene Hinweise, unterstützt Sicherheitstrainings und begleitet auf Teststrecken. Das zeigt, wie soziale Roboter Assistenzfunktionen mit Interaktion kombinieren können.

  • Langzeitbegleitung zu Hause: Feldstudien mit japanischen Senior:innen belegen, dass ein humanoider Konversationsroboter wie RoboHon akzeptiert wird und psychosoziale Vorteile nahelegt; interessant: der Entzug des Roboters kann spürbare Distress-Reaktionen auslösen – ein Hinweis auf echte Bindung, der für Ethik und Übergangsmanagement wichtig ist.

Was heißt das für die Praxis?
RoboHon eignet sich für Erinnerungen (Medikation, Termine, Trinken/Bewegen), Kontaktbrücken (Sprachnachrichten, Fotos an Angehörige) und kleine Aktivierungsimpulse (Mitsingen, Gedächtnisspiele). Der soziale Auftritt senkt Hemmschwellen – Technik fühlt sich nicht nach Technik an.

Grenzen & Gelingensbedingungen

  • Kein Ersatz für Menschen. Studienergebnisse bestätigen die These: Roboter ergänzen Teams, sie ersetzen sie nicht.

  • Personalisierung schlägt „One-Size-Fits-All“: Nicht jede Person mag Roboter. Screening (Sinnesprofil, Demenzstadium, Biografie) und dosierte Einführung verhindern Überstimulation.

  • Ethik & Bindung. Wenn Bindung entsteht, braucht es Verlässlichkeit (keine abrupten Entzüge) und klare Kommunikation über das „Wesen“ des Roboters.

Fazit

  • LOVOT ist stark als emotionaler Türöffner und Gruppen-Katalysator in Pflege-Settings – gezielt, begleitet und zeitlich dosiert.

  • RoboHon punktet als interaktiver Alltagsassistent mit sozialer Note – von Erinnerungen bis Kontaktpflege; Pilotprojekte zeigen, dass selbst sensible Bereiche wie sicheres Fahren denkbar sind.

Wer Lebensqualität im Alter steigern will, kann soziale Robotik gezielt integrieren – für mehr Lächeln im Alltag, niederschwellige Kommunikation und kleine, aber spürbare Entlastungen im Betreuungsalltag.